Überlegungen und Vorschläge zum Masterplan Wasser Berlin

Hartwig Berger, 30.11.21

Ein bündnisgrünes Diskussionspapier zum Berliner Waldumbau

Straussee – Foto: Hartwig Berger

Am 22.11.2021 und am 25.11. war ich an Vorbereitung und Durchführung von zwei online-Veranstaltungen zur sich abzeichnenden Wasserkrise in Berlin und zum Masterplan Wasser Berlin beteiligt, die erstgenannte getragen vom AK „Wasser bewegt Berlin“, die zweitgenannte von der „Landes-AG Umwelt und Klimaschutz“ der Grünen Berlin.

Beide Veranstaltungen verliefen bemerkenswert gut und interessant, nicht zuletzt aufgrund der instruktiven input-Referate.

Ich lege darum als Nachbetrachtung Gedanken und Vorschläge zum Masterplan vor. Dabei sind Überlegungen und Hinweise einbezogen, die aus dem breiten Kreis der Beteiligten (am 22.11. etwa 70, am 25.11. 23 Personen) eingebracht wurden.

Nicht angesprochen wird im Text die Thematik Schwammstadt, weil hier die Debatte in Berlin auf der „Höhe der Zeit“ ist. Die Frage einer Länder und Kommunen übergreifenden Zusammenarbeit verdient detailliertere Handlungsvorschläge. Dem wird sich der Arbeitskreis „Wasser bewegt Berlin“ in seinem nächsten Stadtgespräch zuwenden.

 

  1. Regionale Zusammenarbeit
  2. Kohleausstieg
  3. Entsiegeln!
  4. Natur- und Artenschutz
  5. Abwasser
  6. Landschafts-Wasserhaushalt
  7. Kurzer Blick auf Wasser sparen
  8. Finanzen

 

 

1. Regionale Zusammenarbeit

Die regionale Kooperation zwischen Berlin, dem Land Brandenburg und  den kommunalen Körperschaften im engeren Verflechtungsraum sollte im Rahmen der weiteren Aktivitäten zum Masterplan aus folgenden Gründen eine zentrale Rolle einnehmen:

  • Den jetzigen Prognosen folgend, werden in den kommenden Jahren Bevölkerung und Gewerbeansiedlungen– damit ceteris paribus der Trinkwasserverbrauch – im Verflechtungsraum um Berlin noch stärker zunehmen als in Berlin.
  • Die nach Stand der Dinge lange andauernde Pandemiekrise wird voraussichtlich zur Folge haben, dass mehr Menschen ihren Wohnort und Lebenskreis aus den urbanen Metropolen in kleinere Städte und Dörfer verlegen. Die Nutzung digitaler Medien in der Berufsausübung wird das zusätzlich befördern. Eine solche partielle Umkehrung der Stadt-Land-Mobilität wird in unserem Nachbarland Frankreich bereits registriert und entsprechend diskutiert.
  • Die Gemeinden in Brandenburg werden von der Wasserkrise noch stärker als Berlin betroffen sein; denn ihre Trinkwasserversorgung hängt nahezu durchweg[1] von den Grundwasservorräten ab. Mit weniger „versickerungsfähigen“[2] Regenmengen, zunehmendem Trinkwasserverbrauch und – ceteris paribus – verstärkter Versiegelung durch Bebauungen wird sich der Rückgang des Grundwassers beschleunigen[3].
  • Hinzu kommt in den ländlichen Regionen die stärkere Beanspruchung der Wasservorräte durch die Landwirtschaft, die hier einschränkende Maßnahmen zwingend erforderlich macht.
  • Die Schaffung eines Verbundsystems der Wasserversorgung zwischen Berlin und den Wasserwerken im Umkreis sollte in jedem Fall weiter verfolgt werden.
  • Es ist aber wichtig, die Zusammenarbeit so zu organisieren, dass von Beginn an die Bürgergesellschaft einbezogen ist. Das existierende kommunale Nachbarschaftsforum sollte aufgewertet, ausgebaut und um die Beteiligung etwa von Umweltverbänden erweitert werden.

 

 

2. Kohleausstieg

Die im Ampelvertrag vereinbarte Klimaschutzpolitik wird aller Voraussicht dazu führen, dass der Braunkohle-Abbau in der Lausitz deutlich früher als unter der vorigen Bundesregierung, nämlich spätestens[4] im Jahr 2030 beendet wird. Damit endet auch die Sümpfung von Grubenwasser in die Spree weit früher als bisher geplant; die Probleme mit dem Zulauf der Spree werden sich so weit eher drastisch vergrößern. Verschlechterung der Gewässerqualität und möglicherweise auch Kapazitätsprobleme in den auf Uferfiltration angewiesenen Wasserwerken Friedrichshagen und Wuhlheide sind bereits in den kommenden Jahren eine Folge.

Es ist fraglich, ob die Wasserrückhaltung durch Stauseen im Oberlauf der Spree diesen Wasserverlust in den Sommermonaten überhaupt kompensieren kann; zumal in den extremen Dauer-Hitze- und Trockenperioden Wasserverluste durch Evaporation in Stauseen deutlich zunehmen werden[5].

 

3. Entsiegeln!

Wenn Berlin und umgebende Kommunen dem voraussehbaren Rückgang des Grundwassers Grenzen setzen wollen, ist beim Entsiegeln entschiedenes und unverzügliches Handeln angesagt. Die Stadtpolitik lässt da bisher zu wenig erkennen, auch nicht im jüngsten Koalitionsvertrag. Zwar wird dort pauschal ein „Entsiegelungsprogramm“ sowie eine „Netto-Null-Versiegelung spätestens ab 2030“ angekündigt. In der entscheidenden Frage zu erwartender Neuversiegelung, dem umfangreichen Wohnungsneubau jedoch beschränkt der Text sich auf nennund einer   „Gesamtstädtischen Ausgleichskonzeption (GAK) zur ökologischen Folgenbewältigung mit zielgerichteten Aufwertungsmaßnahmen und -flächen für Natur und Landschaft[6] – ohne Verpflichtung auf „netto-Null“ . Im entscheidenden Kapitel zu Stadtentwicklung und Bauen wird das Thema „Versiegelung“ überhaupt nicht angesprochen. Dabei werden vor allem in diesem Ressort die Eckpfeiler der vorgesehenen Bebauungen festgezurrt.

So ist keineswegs auszuschließen, dass das vereinbarte ehrgeizige Ziel von Wohnungsneubau – 20.000 pro Jahr zu weitern massiven und breitflächigen Neuversiegelung führen kann. Angesichts des vulnerablen Wasserhaushalts wäre das nur vertretbar, wenn neben flächensparendem Bauen zusatzlich umfangreiche Maßnahmen der Entsiegelung durchgeführt werden.

Darum und dazu die folgenden Vorschläge:

  • Die Berliner Wasserbehörde hat Anfang 2021 eine weitergehende wasserrechtliche Anordnung zur Bewirtschaftung der Mischwasserkanalisation – mit dem Kurznamen „BreWaBe“ – in Kraft gesetzt. Im Kern zwingt sie Grundstückseigentümer Neubebauungen so anzulegen, dass das Regenwasser auf dem jeweiligen Grundstück in einem Umfang verbleibt, der in seiner unversiegelten Fläche versickern könnte Es wird in der kommenden Zeit ganz entscheidend darum gehen, diese Regelung, genannt „BreWaBe“, konsequent anzuwenden und schlüssig begründete Ausnahmen nur dann zuzulassen, wenn die Grundstückeigentümer als Kompensation an anderer Stelle Entsiegelungen möglichst im gleichen Umfang durchführen.
  • Zu diskutieren wäre die Einführung einer Neuversiegelungs-Abgabe, deren Erträge zweckgebunden einzusetzen sind.
  • Die oben genannte Regelung „BreWaBe“ sollte in abgewandelter Form auch für den Bestand erlassen und auf die Stadtviertel mit ausgeweitet werden. Gerade in diesen Stadtvierteln wird die von der Regierungs-Koalition gewollte Bautätigkeit vor allem stattfinden. Es sollte darum auch für den Bereich der Trennkanalisation in den Außenbezirken so geplant und gebaut werden, dass das Regenwasser auf dem jeweiligen Grundstück verbleibt oder zumindest in der Nachbarschaft genutzt wird.
  • Berlin hat im Rahmen des Umweltatlas eine Karte zu wichtigen Entsiegelungspotentialen in Berlin erarbeitet und auf dessen Grundlage 197 Flächen größeren Umfangs identifiziert, auf denen eine Entsiegelung möglich und notwendig ist. Diese Potentiale gilt es jetzt unverzüglich umzusetzen. Den Bezirken sollte eine Auflage zur Entsiegelung dieser Flächen erteilt und zur Umsetzung ein von den Bezirken abrufbares Finanzierungsprogramm aufgelegt werden.
  • Es ist sinnvoll und wichtig, Maßnahmen der Entsiegelung mit einer Förderung des Natur- und Artenschutzes zu verbinden. Hier bietet sich das Konzept der Regengärten an, das in Berlin insbesondere vom BUND propagiert wird. So viele entsiegelte Flächen wie möglich sollten nicht nur als Versickerungsmulde angelegt, sondern zugleich mit wertwollen Wildblumen, Sträuchern und Stauden bepflanzt werden, die Insekten, Kriechtieren und Vögeln einen Lebens- und Nahrungsraum in der Stadt eröffnen.

 

 

4. Natur- und Artenschutz

Wie lange bekannt, schädigt die Trinkwasserversorgung auch über Uferfiltration die grundwasserabhängigen, artenreichen Ökosysteme wie Moore im Einzugsbereich der Brunnen. In Genehmigungsverfahren sollen vor allem aus diesem Grund Förderregelungen für die verschiedenen Wasserwerke festgelegt werden. Diese Verfahren laufen seit mehr als 20 Jahren, ohne dass ein Ende absehbar ist. An der deshalb 2021 von den Berliner Umweltverbänden eingereichten Klage wegen Verletzung des europäischen Naturschutzes überrascht eher, dass sie nicht früher erfolgt ist. Es mutet auch geradezu schizophren an, wenn sich – erfreulich – die Berliner Politik parteiübergreifend engagiert, die verbliebenen Moore zu erhalten, um dem Klima- wie dem Artenschutz Rechnung zu tragen; es aber andererseits bis heute für den  Hauptschadensfaktor – die Trinkwassergewinnung – keine verbindliche Regelung  der Begrenzung gibt[7].

Da nach allen Szenarien des Masterplans die Schädigung weiter zunehmen wird, darf Berlin mit Regelungen nicht weiter zuwarten. Ich schlage daher vor, dass für alle Brunnengalerien im Einzugsbereich sensibler Gebiete, zumindest im Vorgriff auf weiter laufende Genehmigungsverfahren, bereits jetzt entweder minimale Grundwasserstände oder diesen entsprechende Höchstmengen der Förderung innerhalb definierter Zeiträume festgelegt werden. In dem Masse, in dem dann diese Grundwasserstände unterschritten bzw. die entsprechenden Höchstmengen überschritten werden, muss die Trinkwasserversorgung aus den natursensiblen Gebieten  auf Brunnengalerien verlagert werden, die sich nicht im Einzugsbereich solcher Gebiete befinden. Mittels Programmierung kann dieses Verfahren nach dem Stand der Informationstechnik geregelt und „automatisiert“ werden.

Das vorgeschlagene Verfahren bietet nicht wirklich eine Lösung des Problems der Grundwasserabsenkung, jedoch ermöglicht es  in begrenztem Maß dessen Verlagerung aus höher verwundbaren in weniger verwundbare Zonen.

Regelungen zur Begrenzung der Wasserförderung sind im gesamten Verflechtungsraum Berlin wichtig und sollten in der regionalen Zusammenarbeit der Wasserversorgung, vor allem im diskutierten Verbundsystem Beachtung finden. Im Umkreis von Berlin finden sich viele für den Biodiversitäts- und Klimaschutz wichtige Feuchtgebiete, die bei zurückgehendem Grundwasserspiegel und steigender Wasserförderung hoch gefährdet sind, wie das Biesenthaler Becken im Nordosten oder die Havel-Niederungen im Norden und Südwesten Berlins.

 

5. Abwasser

Aus allen bisher erarbeiteten Szenarien des Masterplans ergibt sich, dass das Wasser der Berliner Flüsse phasenweise aus den Ableitungen der Klärwerke besteht. So lange das beim gegenwärtigen Stand der Abwasserreinigung der Fall ist, wird Berlin die Verpflichtungen der europäischen Wasserrahmenrichtlinie schlichtweg nicht erreichen können.

Schlimmer: Mit dem erwarteten Rückgang des Spree-Zuflusses – vgl. Teil 2. zum Kohleausstieg – droht sich „unter dem Strich“ die Gewässerqualität der Spree und ihres Einzugsgebiets noch zu verschlechtern. Die in Politik und Gesellschaft gerne und oft formulierte Erwartung, in der Spree demnächst Badewasserqualität zu erreichen, rückt in unerreichbare Ferne.

Eine daraus zwingende Erwartung haben Mitwirkende auf  beiden genannten onkline-Treffen ausdrücklich formuliert: die Reinigungsleistung a l l e r  Klärwerke in wie um Berlin ist zügig und durchschlagend zu verbessern. Die Ozonung und Flockenfiltration im Klärwerk Schönerlinde, die zur Entlastung von Tegeler Fliess und Wuhle beiträgt, ist ein guter und wichtiger Anfang. Ihn gilt es umgehend in allen anderen Klärwerken fortzusetzen und um Verfahren zur Ausfilterung von Spurenstoffen wie vor allem den Medikamentenrückständen zu erweitern[8].

Wolfgang Tentscher hat in unserer Debatte zu Recht darauf hingewiesen, dass der Umgang mit Abwasser durch end-of-pipe Technik geprägt und aus dem Blickwinkel der größtmöglichen Minimierung von Umweltschäden  schlicht fehlgeleitet ist. Ein vollständiger Umbau des Systems der Wasser-Ver und Ent-Sorgung wäre allerdings langwierig und finanziell wie logistisch sehr aufwendig. Doch warum nicht – wie im Beispiel des Hamburger Vorzeigeviertels – exemplarisch die Neubauprogramme der kommenden Jahre mit zumindest Angeboten der Grauwassernutzung wie der Kompostierung von Fäkalien zu verbinden, statt Unmengen von Wasser in die haushälterische Nutzung zuzuführen und abzuleiten? Ein solcher beginnender Kurswechsel weg vom end-of-pipe bias könnte zusätzlich den Bedarf an Trinkwasser reduzieren und damit zur Entspannung der unter 1.-4. dargelegten Probleme beitragen.

 

6. Landschafts-Wasserhaushalt

Anspruchsvoll geklärtes Abwasser muss nicht durchweg in die Flüsse abgeleitet werden, zumal sich damit auch deren Gewässerqualität verschlechtert. Die mit der Klimakrise immer mehr austrocknenden Landschaften unserer Region benötigen dringend Wasserzufuhr und vor allen Dingen Wasser-Rückhaltung. Das Thema „Wasserrückhaltung“ betrifft vor allem die landwirtschaftlich genutzten Gebiete in Brandenburg. Zahllose künstliche Abflussgräben und Drainagen, die Wasser aus der Landschaft in die Flüsse und so letztlich in die Weltmeere leiten, sollten, wo irgend möglich, zurückgebaut werden.

Für Berlin, wie für die Klärwerke der näheren Umgebung, wäre es wichtig, gut geklärtes Abwasser in Teilen[9] zur Stützung des Wasserhaushalts in ansonsten trocken fallende Landschaften einzuleiten. Teilweise geschieht das bereits, wie im Gebiet Hobrechtsfelde im Nordosten  und im Bereich des Nuthe-Nieplitz Parks im Süden Berlins. An beiden Gebieten lässt sich auch studieren, welchen enormen Gewinn der Arten- und Naturschutz aus dieser „sekundären“ Bewässerung zieht.

Die Wasserbehörde  rechtfertigt ihre Vorbehalte gegen diesen Vorschlag mit dem Gebot des anspruchsvollen Grundwasserschutzes und der hier geltenden gesetzlichen Regelungen[10].

Ich halte sie aus vier Gründen nicht für überzeugend:

  • Die Rückführung von Klarwasser sollte sich auch wegen des Grundwasserschutzes mit verbesserten Auflagen der Reinigung in den Klärwerken verbinden.
  • Die gegenwärtige Praxis der Einleitung des Klarwassers in die Flussläufe führt zu vergleichbaren, wenn nicht höheren Risiken der Grundwasserbelastung. Wenn in langen Phasen das Flusswasser überwiegend durch Klarwasser gebildet wird, belastet auch das die Trinkwasserversorgung Berlins. Zwar stellt die Uferfiltration eine zusätzliche Reinigungsleistung des „gezogenen“ Flusswassers dar, in dieser Hinsicht ist es jedoch gleichwertig zum in die Landschaft eingeleiteten Klarwasser, das ebenso nur über Bodenfilter das Grundwasser erreicht. Zudem erreichen über die Uferfiltration die bedenklichen Spurenelemente die Brunnen direkt, während Einleitungen in die Landschaft nicht im Umkreis von Brunnengalerien erfolgen sollten.
  • In Grenzen entlastet die Einleitung von Klarwasser in die Landschaft auch die Gewässerqualität der Flüsse
  • Die Maßnahme sollte nicht allein unter dem Grundwasserschutz, sondern mehrdimensionalen unter allen Umweltwirkungen bewertet werden. Es ist immer abzuwägen, welchen Gewinn eine Wiedereinleitung von Klarwasser für die Landschaftsqualität, den Erhalt von Biodiversität und schließlich auch an Landschaftsästhetik hat. Als positive Anschauungsbeispiele empfehlen sich hier Besuche in die Rieselfelder von Hobrechtsfelde und in die Nuthe-Nieplitz Niederung.

 

7. Kurzer Blick auf „Wasser sparen“

Die Berliner Wasserbetriebe veröffentlichen regelmäßig Bilanzen der Tagesverbräuche an trinkbarem Wasser. Sie machen deutlich, dass gerade dann die Wasserverbräuche am höchsten sind, wenn  das Wasser im Grund und auf Flussläufen am stärksten zurückgeht und wenn die empfindlichen Naturzonen wie Moore am stärksten unter dem saisonbedingten Wassermangel und dem zusätzlichen Entzug durch unseren Wasserverbrauch leiden. Diese negative Korrelation wird sich mit den zu erwartenden Sommerwochen im Jet-stream, mit extremer und lang andauernder Trockenheit in den nächsten Jahren noch verstärken.

Hauptursache für die sommerlichen Rekordverbräuche an trinkbarem Wasser ist das Sprengen von Gärten und Rasenflächen in der Stadt.

Wenn wir uns und unseren Naturräumen nicht weiter das Wasser abgraben wollen, drängt sich ein anderer Umgang mit dem lebenswichtigen Nass geradezu auf. Als ersten Schritt sollten wir uns dafür engagieren, dass das verschwenderische Sprengen von Gärten und Rasen in den Sommermonaten eingestellt, oder zumindest stark eingeschränkt wird.

Das gilt nicht nur für den privaten, sondern auch für den öffentlichen Bereich. Sofern überhaupt automatische Bewässerung von Grünflächen praktiziert wird, so ausschließlich dann, wenn die Anlagen voll funktionsfähig und nur vor und nach Sonnenauf- und –untergang in Betrieb sind. Tröpfchenbewässerung ist eine Alternative, die Aussaat oder Pflanzung trockenresistenter Flora eine andere. Und schließlich können Grünflächen mit Bewuchs von Gras und Blütenpflanzen in heißen Wochen verdorren, ohne damit Schaden zu nehmen.

 

8. Finanzen

Last, but not least das Geld. Um die Wasserkrise in Grenzen zu halten, sind ohne Zweifel weit mehr Finanzmittel und ein mehr an qualifiziertem Fachpersonal in der Exekutive erforderlich, als bis dato in Berlin verfügbar sind. Hier ist öffentlicher Druck aus der Zivilgesellschaft gefragt. Dazu zwei Vorschläge:

  • Aus der Umweltbewegung, wie etwa dem BUND und dem Wassertisch Berlin, wird immer wieder darauf verwiesen, dass die Berliner Wasserbetriebe jedes Jahr dreistellige Beträge in Millionenhöhe an das Land Berlin abführen. Die Sicherung der Trinkwasserversorgung ist eine Aufgabe des Gemeinwohls, die aus gutem Grund mit der Rekommunalisierung wieder in  die Hände Berlins gelegt wurde. Berlin sollte die Verpflichtung zur Sicherung der Gemeinwohlsicherung in puncto „Wasserhaushalt“ dann auch ernst nehmen und die Einnahmen diesem Zweck wirklich auch zuführen.
  • Seit 1989 gilt in Berlin die Regelung des Grundwasserentnahmeentgelts, deren jährlicher Ertrag sich gegenwärtig auf 55 Mio € beläuft. Diese Mittel könnten und sollten für wasserspezifische Zwecke, also die Bewältigung der Wasserkrise und die weiter ausstehende Umsetzung der europäischen Wasserrahmenrichtlinie eingesetzt werden. Eine Ergänzung durch Einführung einer Oberflächen-Entnahmeentgelts wie in anderen Bundesländern drängt sich außerdem auf.

 

 

 Fußnoten:

[1] Mit Potsdam als weitgehender Ausnahme

[2] Nach derzeitigen Prognosen könnte die Jahresmenge an Niederschlag zwar leicht zunehmen; die größere Häufigkeit und Intensität von Starkregen wird aber dazu führen, dass weit größere Teile des Regens abfließen werden.

[3] An vielen grundwasserabhängigen Seen wie dem Straussee oder dem Seddiner See hat dieser Rückgang bereits gegenwärtig alarmierende Ausmaße.

[4]„ spätestens“:, denn mit der Klimaschutzpolitik der EU wird das CO2-Budget im Zertifikatehandel immer stärker schrumpfen, damit werden die Zertifikatepreise deutlich zunehmen und die Braunkohleverstromung in absehbarer Zeit schlicht nicht mehr konkurrenzfähig sein. Mögliche staatliche Stützung der Kohle würde im schlimmsten Fall auf Stilllegungsprämien hinauslaufen, also auch einen Weiterbetrieb ausschließen.

[5] Zumal viele der Stauseen – wie die Lausitzer „Ostsee“ viel zu weiträumig angelegt sind und so die Verdunstungsrate vor allem in extremen Sommern stark zunimmt.

[6] Koalitionsvertrag, S.49ff.

[7] Dass es hilfreiche freiwillige Vereinbarungen mit den BWB z.B. zur Schonung der Waldmoore im Osten des Köpenicker Forsts gibt, ist damit nicht bestritten.

[8] Zur Frage der Finanzierung vgl. Pkt.8

[9] Zur Gänze verbietet sich das aufgrund des „Nachfüllbedarfs“ unserer Flüsse (vgl. Pkt. 5)

[10] Die Ablehnung einer Einleitung von Klarwasser in die Landschaft orientiert sich an §47 (1) des Wasserhaushaltsgesetz:

(1) Das Grundwasser ist so zu bewirtschaften, dass (1) eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands vermieden wird

Allerdings wäre dem die zurückhaltender vorsichtiger formulierte Rechtsverordnung zum Grundwasserschutz anzufügen. Hier besagt §13:

Zur Erreichung der in § 47 des Wasserhaushaltsgesetzes genannten Ziele sind in den Maßnahmenprogrammen nach § 82 des Wasserhaushaltsgesetzes Maßnahmen aufzunehmen, die den Eintrag der in der Anlage 7 genannten Schadstoffe und Schadstoffgruppen in das Grundwasser verhindern. Im Rahmen der Umsetzung dieser Maßnahmenprogramme dürfen Einträge solcher Schadstoffe nicht zugelassen werden. Satz 2 gilt nicht, wenn die Schadstoffe in so geringer Menge und Konzentration in das Grundwasser eingetragen werden, dass eine nachteilige Veränderung der Grundwasserbeschaffenheit ausgeschlossen ist.

In den Schadstoffen der genannten Anlage 7 sind neben karzinogenen und ähnlichen Stoffen insbesondere Phosphat und Biozide genannt. Die erstgenannten werden mit einer verbesserten Abwasserreinigung abgedeckt, für die hier plädiert wird. Die letztgenannten erzwingt vor allem Dingen ein Pestizidverbot, wie es z.B. in Berlin bereits in Geltung getreten ist. Die Landwirtschaftspolitik auf Bundesebene wird dem über kurz oder lang allein aus Gründen des Biodiversitäs-Schutzes folgen müssen.

Im übrigen verlangt konsequenter Grundwasserschutz vor allem ein vollständiges Verbot von Bioziden in der Landwirtschaft. Dass von den Ackergiften Reststoffen im Klarwasser landen, ist eine Folge dessen. Wir müssen also das Problem an der Quelle lösen.

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