Klimaschutz statt Holzverbrennung – Eine Alternative zu den Plänen Vattenfalls

erschienen in „Rabe Ralf“, Februar 2011
von Hartwig Berger

Die Pläne von Vattenfall, übrigens nicht nur in Berlin große Mengen an Holz für seine Kraftwerke zu importieren, stößt auf starke Vorbehalte und Kritik. Auch im „Raben Ralf“ wurden die negativen klima- wie entwicklungspolitischen Auswirkungen geltend gemacht, wenn – wie zunächst aus Liberia – Teile unseres hohe Energiebedarfs durch derartige Importe gedeckt werden. Manche begegnen den kaum zu bestreitenden Einwänden mit dem Argument, dass ein Ersatz fossiler durch biogene Brennstoffe für Berlin selbst durchaus klimapolitische Vorteile habe. Ich sehe das nicht und will das begründen:

Vattenfall plant nach eigenen Angaben, pro Jahr rund 1,3 Mio. t Holz zu verfeuern. Das entspricht mengenmäßig einem (nachwachsenden) Waldbestand, der größer ist als die Gesamtfläche Berlins. Es leuchtet ein, dass derartige Umfänge weder aus den bereits übernutzten Wäldern Brandenburgs noch aus regionalen Holzplantagen auch nur annähernd zu beschaffen sind.

530.000 Jahrestonnen benötigt Vattenfall, um ab dem Jahr 2014 in seinen Kraftwerken Reuter-West, Reuter-alt und Moabit der dort verwendeten Steinkohle Holzpellets zuzufeuern. Die Wahl des Datum ist kein Zufall, da sich der Einsatz von Kohle mit der Ersteigerungspflicht im EU-weiten Emissionshandel ab 2013 deutlich verteuert. Mit dem zusätzlichen Einsatz von Holz, das unter Ausblendung von Folgewirkungen im Herkunftsland als weitgehend C02.-neutral bilanziert wird, kann der Zukauf von kostspieleigen Zertifikaten verringert werden.

Und dennoch schlägt selbst dieser scheinbare Vorteil bei einer klimapolitischen Gesamtbetrachtung eher negativ zu Buche. Schon seit Jahren setzt Vattenfall die Kohlekraftwerke deutlich intensiver in Betrieb als seine Gaskraftwerke. Ausschlaggebend dafür sind die signifikant günstigeren Preise für Steinkohle auf dem Weltmarkt ( partiell auch die Subventionierung der deutschen Steinkohleförderung). Energiepolitisch ist das von Nachteil, denn das moderne, seit 1995 betriebene Gas-und-Dampf(GuD)Kraftwerk „Mitte“ arbeitet deutlich energieeffizienter und mit Erdgas auch merklich emissionsärmer als Kohle. Dasselbe gilt für das demnächst modernisierte GuD-Kraftwerk Lichterfelde. Je mehr mit Holzzufeuerung der Vorrang der Kohle-betriebenen Anlagen aufrechterhalten und ausgebaut werden kann, desto nachteiliger ist das für die Klimabilanz Berlins. Die Umweltbewegung sollte solche „Vitaminspritzen“ für die klimaschädlichste Art der Strom- und Wärmeerzeugung, den Kohlebetrieb, nicht widerstandslos hinnehmen.

730.000 Jahrestonnen an Holz plant Vattenfall für ein neu zu errichtendes Biomasse-Kraftwerk, das mit zwei Anlagen im Jahr 2019 am bisherigen Standort Klingenberg stehen soll. Für die dort vorgesehene Stromerzeugung will Vattenfall die günstigen Einspeiseregeln des „ErneuerbarEnergienGesetz“ nutzen. Die entstehende Wärme ist für die Fernversorgung der drei Bezirke Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf und Friedrichshain-Kreuzberg gedacht. Sie sollen hier die bisherige Lieferung der zu schließenden Altanlagen weitgehend ersetzen.

Klimapolitisch vorteilhaft erscheint dieser Weg nur, wenn man oberflächlich hinschaut. Tatsächlich spielt Vattenfall hier die Karte des Monopolisten mit dem Ziel aus, möglichst viel Wärme über sein Fernversorgungssystem weiter abzusetzen. Wieder einmal wird das Pferd vom Schwanz her aufgezäumt: Statt als verantwortungsbewusster Dienstleister zu handeln, der möglichst viel Wärme unter möglichst wenig Energieaufwand und bei den geringsten Zuleitungsverlusten verfügbar zu machen sucht, wird rein absatz-orientiert weitergewurstelt.

Klüger und vorausschauender wäre es, durch ein zukunftsweisendes Konzept den Wärmebedarf im Versorgungsbereich zu verringern und die Erzeugung stärker zu dezentralisieren. Wegweisend war hier eine Studie, die im Auftrag des BUND-Berlin und der Klima-Allianz vor mehr als einem Jahr veröffentlicht und breit diskutiert worden ist, leider bisher ohne die erhofften Langzeitfolgen . Die Autoren dieser Studie schlugen die Errichtung von insgesamt 24 Blockheizkraftwerken im Gebäudebestand vor, mit denen bei deutlich geringerem Energieeinsatz und nur minimalen Leitungsverlusten wohnungsnah Strom und Wärme erzeugt werden kann. Sie schlagen vor, diese Anlagen mit regional gewonnenem Biogas zu betreiben. Zugleich nehmen sie an, dass bis zum Jahr 2010 durch gezielte Energiesparmaßnahmen 9,5% des Wärmebedarfs eingespart werden kann. Vielleicht ist das angesichts der klimapolitischen Ausgabe, viel 2950 flächendeckend Passivhaus-Standard erreichen zu müssen, zu bescheiden; aber es wäre immerhin ein Anfang.

Das Biomasse-Kraftwerk, das unter diesen Bedingungen noch erforderlich wäre, ist sehr viel kleiner ausgelegt und benötigt nach Berechnung der Autoren gerade einmal 175.000 Jahrestonnen an Holz. Und auch diese Anlage wäre, wenn man so will, durch Spitzenlasten des GuD Kraftwerk Mitte – dann allerdings mit Erdgas befeuert – zu ersetzen.

Was Vattenfall bei einer besonnenen Klimapolitik an Holz für seine Kraftwerksführung benötigt, deckt mit 175.000 t gerade einmal 14% der deklarierten Ansprüche des Unternehmens ab. Die beabsichtigten Holzimporte für den Berliner Energiebedarf sind also nicht nur unter internationalen Gesichtspunkten nicht zu verantworten. Sie stellen sich, wie dargelegt, auch für die immanente Berliner Klimabilanz als eher kontraproduktiv dar. Es wäre doch weitaus vernünftiger, wenn Vattenfall sich mit der BSR zu einer gemeinsamen und klimapolitisch höchst sinnvollen Aufgabe zusammentut: Endlich die großen ungenutzten Potentiale der Berliner Bio-Abfälle und organischen Reststoffe zu erfassen und energetisch zu nutzen. Der Senat schätzt sie auf 400.000 Jahrestonnen, von denen über die braune Tonne bisher nur 50.-60.000 t erfasst werden. Das kleiner ausgelegte Biomasse-Kraftwerk könnte seinen Bedarf also auch stadtintern decken.
Wenn Vattenfall nur will – und wirklich etwas für den Klimaschutz tun will .

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